Vortrag / Vorlesung
Positionen und Diskurse in Kultur und Gesellschaft
mit Yvonne Wilhelm
Gast: Yvonne Wilhelm, Künstlerin (knowbotiq), Zürich/Berlin
Titel: VON “TRAGIC MULATTA” UND ANDEREN UNREPRÄSENTIERTEN HER/STORIES
Geschichtsschreibung ist ein Unterfangen, das mit Gegenwart und Zukunft nicht weniger zu tun hat als mit dem Vergangenen. Dass die Vergangenheit mitnichten Gegenstand einer distanziert zurückblickenden Rekonstruktion ist; dass sie traditionell vielmehr aus Perspektive “der Sieger” konstruiert wurde; und dass sie deshalb zum engagiert bearbeiteten “Streitfall” werden muss, argumentierte Walter Benjamin schon 1940. Sein Plädoyer, Geschichte im Interesse des Unterworfenen und Überhörten “gegen den Strich zu bürsten”, bleibt bis heute dringlich und findet mit Saidyia Hartmans post-kolonialer Methode der “kritischen Fabulation” Aktualisierung und Weiterentwicklung. Ihre kritische Geschichtskonstruktion fragt – quer zu linearen Fortschrittsnarrativen – nach einem in der globalisierten Gegenwart noch immer wirkmächtigen “Nachleben der Sklaverei” ebenso wie nach den Widerständigkeiten, Solidaritäten und Freiheiten, die einmal hätten sein können.
Die Vorlesungsreihe “Positionen und Diskurse” untersucht im Frühlingssemester gemeinsam mit Gästen aus verschiedenen wissenschaftlichen und künstlerischen Feldern, wie Praktiken der Geschichtskonstruktion übersehene, unwahrscheinliche oder verunmöglichte Möglichkeiten aktualisieren. Dabei wird auch diskutiert, inwiefern solche kritischen Aktualisierungen von “Geschichte(n) im Konjunktiv” angesichts eines relativistisch argumentierenden Populismus, der mit “alternativen Fakten” auf paradoxe Weise eben solche Verfahren avantgardistischer (Kultur-)Kritik in Anspruch nimmt, heute gerade auch im Sinne einer transversalen Selbstkritik um so wichtiger werden.
Die Veranstaltungsreihe ist öffentlich und findet online über Zoom statt.
Für die Zugangsdaten können sich Interessierte an soenke.gau@zhdk.ch oder ines.kleesattel@zhdk.ch wenden.
Scritto da Zero Zurich