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sab 08.06 2019 – dom 18.08 2019

Victoria Colmegna

Dove

Luma Westbau - Löwenbräukunst
Limmatstrasse, 8005 Zurich

Quando

sabato 08 giugno 2019 – domenica 18 agosto 2019

Quanto

free

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Mirror, Stage, Baby Introspective

schwarzescafé im Luma Westbau präsentiert die erste institutionelle Einzelausstellung von Victoria Colmegna, die  von Fredi Fischli und Niels Olsen kuratiert ist. Mirror, Stage, Baby Introspective ist eine kaleidoskopische Präsentation von Kunstwerken und Ausstellungsrelikten, die zwischen 2013 bis 2019 entstanden sind. In ihrem Werk beschäftigt sich Colmegna mit der Körpersprache und den Dynamiken, die geschlossene Systeme dominieren. Die Ausstellung reflektiert selbstkritisch das Erzeugen des Oeuvres der jungen Künstlerin als eine Praxis des Selbstmissbrauchs innerhalb ihres unmittelbaren sozialen Kontextes.

“Einfache Popstrukturen stützen ihr Image und erlauben es, dass ihr wahres Ich ein Rätsel bleibt – ist sie wirklich so sexy?” Kim Gordon

The Super-Personal and the Feminist (Wing of the Russian Revolution)

Es gibt also mehrere Spuren in Mirror, Stage, Baby Introspective, denen man nachgehen kann, aber keine wirkliche Einzelausstellung. Die Schau ist überkuratiert, bevölkerungsreich, irgendwie apokryphisch, zu wenig anerkannt. Sie ist transpersönlich; ähnlich wie Dinge, die von vielen gemacht wurden. Durch das Mischen, Festschreiben, Ausrichten, Einladen, Bestellen, Fordern, Fragen und Erbetteln von Dingen von verschiedenen Personen fand VC den Schlüssel für das ungelöste Dilemma des Selbtseins: die transpersönliche Agency. Schauen Sie sich die Ausstellung an: Auf dem Höhepunkt der Vernetzung, des Austauschs und der Einbeziehung anderer ist alles verwandt. Alles hat etwas – schwer definierbar – Verbundenes. Das Problem beim Empfangen von transpersönlicher Agency ist, dass wir ständig Dinge mit anderen Menschen tun, neue Ideen, Dinge, die wir nicht einmal erwähnen können, ohne Überraschung, Zärtlichkeit oder Begeisterung hervorzurufen, aber wir haben nicht die Werkzeuge, um entsprechend darüber nachzudenken. Wir haben nur die Klischees der alten Organisationen und den Nachgeschmack von Korruption. Aber etwas für eine andere Person zu schreiben, bedeutet zu simulieren, eine andere Person zu sein und sie damit zu unterstützen und Energie aufzubauen. Es ist, als würde man das Kind des Nachbarn grossziehen und nicht einmal wissen, welche Art von Beziehung man kultiviert. Ghostwriter sind die Tanten der Welt: transpersönliche Helden, die Gefühle anderer Menschen kanalisieren und formalisieren. Kann eine Ausstellung durch solches Denken entstehen, durch eine derartige Projektion des eigenen Selbst auf andere? Können Organisationen durch solches Denken entstehen?

Die Frage der transpersönlichen Agency (oder überpersönlicher Entitäten) ist nicht der neueste Punkt auf der Agenda der radikalen Intelligenz. “Wir müssen bedenken”, schrieb Anatoly Lunacharsky vor fast hundert Jahren, “dass der Kampf einem Ideal dient: dem Sieg über den Individualismus und des Gemeinschaftslebens auf der Grundlage einer natürlichen Verschmelzung von Persönlichkeiten zu überpersönlichen Entitäten.” Die neuen Entitäten, über die Lunacharsky nachdachte, waren weder die alten Bruderschaften, die für das Teilen von Macht konzipiert wurden, noch die erschöpfende Hyper-Vernetzung der jungen, ehrgeizigen Despoten der Zukunft, sondern echte Arten von Vereinigung wie die Ehe, Freundschaft, eine Partei oder schlichtweg die Bevorzugung eines bestimmten Autors: Strukturen, denen das Subjekt vertrauen kann; Sich-verbinden (bonding) ist ein Substitut für die Feindfreundschaft (frenemy).

Zur Zeit der Russischen Revolution teilte der feministische Flügel der bolschewistischen Partei einige dieser Ideen. Alexandra Kollontai und Inessa Armand gründeten 1919 das Zhenotdel, die Abteilung für Frauenfragen des revolutionären Staates. Es war eine völlig neue Institution von der Grösse eines Ministeriums, die sich der Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen und der Förderung ihrer Rechte widmete. Ebenso umfasste es experimentelle Untersuchungen zu allen Aspekten des Lebens einer Frau nach der Revolution: Ehe, Mutterschaft, Schwesternschaft, Freundschaft. Was könnten diese Wörter in der Zukunft bedeuten? Dies war der Ausgangspunkt. Soll VC also nach vorne schauen, die Einzelausstellung überspringen und ein neues Zhenotdel gründen? Und was wäre es wohl? Eine Party? Eine Schule? Eine Spa? –

Auszug aus der Pressemitteilung zu Victoria Colmegnas Ausstellung Broken Ego, Park View, Los Angeles (2017), verfasst von Claudio Iglesias.

Scritto da Zero Zurich