“Nenétte (Alice Houri) und Boni (Grégore Colin) sind Geschwister, die seit dem Tod der Mutter nichts mehr miteinander zu tun haben. Er arbeitet als Pizzabäcker im Hafen von Marseille und hat die Bäckersfrau (Valeria Bruni Tedeschi) zum Zentrum seiner sexuellen Fantasien auserkoren – die jedoch in einer wunderbar verliebten Szene zu einem Song von den Beach Boys mit ihrem amerikanischen Bäckergatten (Vincent Gallo) flirtet. Als Nénette plötzlich schwanger vor Bonis Tür steht, weist er sie ab und will sie nicht in seine Welt eindringen lassen – zwei Körper, die sich in der Folge zugleich anziehen und abstossen. (…) Die Kamera agiert wie ein tastendes Organ an den Oberflächentexturen entlang: den Härchen eines rosa Pullovers, einem weissen Kaninchen und duftenden Brioches.” (Arsenal Berlin)
“In Nénette et Boni schwanken wir oft zwischen Traum, Fantasie und Realität, ohne klare Grenzen. Wir treiben an gewalttätigen Höhepunkten entlang, getragen von einem faszinierenden, sehr musikalischen Rhythmus, denn Claire Denis bevorzugt immer Substanz vor Bedeutung, Klänge und Farben (vor allem Blau und Grau) vor Psychologie. Selbst ihre Sicht auf Marseille ist ungewöhnlich, weit entfernt vom malerischen Postkartenbild. Es gibt keine warme, sinnliche Atmosphäre oder farbenfrohe Kulisse. Man fühlt sich fast wie in einer nordischen Stadt. Dennoch spürt man den Puls von Marseille, das nahe Meer, den Wind und den Verkehr. Mit Nénette et Boni bestätigt Claire Denis ihr Talent, Orte und Figuren auf physische und sinnliche Weise zum Leben zu erwecken. Sie formt ihre Bilder wie eine Bildhauerin. Das Ergebnis ist ein Film mit Substanz.” (Jacques Morice, Télérama)
Claire Denis (Frankreich 1995)
Drehbuch: Claire Denis, Jean-Pol Fargeau
Kamera: Agnès Godard
Musik: Tindersticks
Schnitt: Yann Dedet
Mit: Grégoire Colin (Boni), Alice Houri ( Nénette), Jacques Nolot (Monsieur Luminaire), Valeria Bruni Tedeschi (Frau des Bäckers), Vincent Gallo (Vincenzo Brown), Malek Brahimi (Malek), Gérard Meylan (der Onkel), Alex Descas (der Gynäkologe)
103 Min., Farbe, 35 mm, F/e
Scritto da Zero Zurich