Das Zurich Film Festival bietet auch im Jahr von Covid-19 ein umfangreiches Programm: Von den 165 Filmen laufen 23 als Weltpremieren, so viele wie noch nie. In den Wettbewerben stammen mehr als die Hälfte der Filme von Frauen. Ein besonderer Fokus gilt dem jungen französischen Kino. Erwartet werden Stars wie Johnny Depp, Juliette Binoche und Til Schweiger. Iris Berben erhält ein Goldenes Auge für ihre Karriere.
165 Filme, darunter die Rekordzahl von 23 Weltpremieren, 11 Internationalen Premieren und 4 Europapremieren aus 47 Ländern stehen am 16. ZFF auf dem Programm. Der Länderfokus ist der neuen Generation Frankreichs gewidmet, während die thematische Reihe „Hashtag“ unter dem Schlagwort #GetUpStandUp Menschen in den Vordergrund rückt, die gegen gesellschaftliche Konventionen kämpfen. Auch in Zeiten der Covid-19-Pandemie werden zahlreiche Filmschaffende ihre Filme persönlich in Zürich vorstellen, darunter Weltstars wie Juliette Binoche, Johnny Depp oder Til Schweiger.
Iris Berben, die Grand Dame des deutschen Films, wurde heute im Rahmen der Pressekonferenz in Zürich mit einem Goldenen Auge für ihre Karriere ausgezeichnet. Die Ehrung hätte eigentlich am 2. Oktober stattfinden sollen anlässlich der Weltpremiere ihres neuen Films DAS UNWORT. Da Berben dann jedoch in Griechenland dreht und bei der Rückkehr hätte in Quarantäne gehen müssen, wurde die Ehrung vorgezogen. Berben dankte dem Team des Festivals: „Nicht nur für die Ehre, die Sie mir erweisen, sondern für Ihre Courage, Ihr Durchhaltevermögen, Ihre Leidenschaft, dieses Festival stattfinden zu lassen. Dass wir Filmschaffende den Kontakt zu den Menschen nicht verlieren, ist auch ein Verdienst dieses Festivals.“
Zeichen des Optimismus setzen
Christian Jungen, der die erste Festivalausgabe als Artistic Director verantwortet, betont: „Das Kino steht unter Druck, weil sich die Menschen im Lockdown ans Streamen gewöhnt haben. Das ZFF bleibt aber dem Kino treu. Deshalb haben wir auf einen physischen Event mit einem umfassenden Programm gesetzt. Uns ist es wichtig, auch in diesem schwierigen Jahr hochkarätige Gäste nach Zürich zu bringen. Und gerade deshalb haben wir viele Filme als Weltpremieren bekommen. Mit der Durchführung des ZFF – selbstverständlich unter Einhaltung eines umfassenden Schutzkonzeptes – wollen wir ein Zeichen des Optimismus setzen, gegenüber dem Publikum, aber auch gegenüber der Filmbranche und Kulturveranstaltern im Allgemeinen: Das Virus wird noch eine Weile bleiben, wir müssen lernen, damit umzugehen und unsere Leidenschaften weiterverfolgen.“
Junges Filmschaffen und Frauenpower
Über alle Sektionen hinweg sind am ZFF die aufregendsten neuen Stimmen des gegenwärtigen Filmschaffens zu sehen: Bei über 100 Werken, die am Festival gezeigt werden, handelt es sich um erste, zweite oder dritte Regiearbeiten. 38 Filme sind im Wettbewerb für das Goldene Auge nominiert, das in den drei Kategorien Fokus, Spielfilm und Dokumentarfilm vergeben wird. ZFF-Programmleiter Georg Bütler erläutert: „Der Wettbewerb bildet die komplette Bandbreite des gegenwärtigen Filmschaffens ab: vibrierend, dringlich, herausfordernd – und dies in ganz unterschiedlicher Form: Vom brandaktuellen dänischen Action-Thriller SHORTA, der die Polizeigewalt in einem Aussenbezirk von Kopenhagen thematisiert, bis hin zum minutiös inszenierten indischen Drama THE DISCIPLE rund um einen Mann, der sich komplett der indischen Volksmusik verschrieben hat. Vom überraschenden Dokumentarfilm MAYA, der die Geschichte eines Tigers in einem iranischen Zoo erzählt und unserer Exotik-Faszination den Spiegel vorhält, bis zum äusserst erfrischenden Schweizer Coming-Of-Age Drama SAMI, JOE UND ICH, das von jugendlicher Energie sprüht, aber auch ein feines Bild des Lebens in der Zürcher Agglomeration zeichnet.“
Filmemacherinnen bekommen am ZFF nicht zum ersten Mal eine besonders starke Plattform: Dieses Jahr führten über alle Sektionen hinweg bei fast 40 Prozent der Filme Frauen Regie. Im Wettbewerb beträgt der Frauenanteil sogar über 50 Prozent. Bütler kommentiert: „Im Laufe des Jahres haben wir nicht ein einziges Mal über den Frauenanteil im Programm gesprochen. Es ist erfreulich und spricht für die Qualität der Filme, dass Macherinnen aus aller Welt zahlreich im ZFF-Programm vertreten sind.“
Starke Schweizer Präsenz und ein grosser Fokus auf Frankreich
Mit 29 Produktionen hat das Schweizer Filmschaffen einen grossen Platz im Programm des ZFF. Darunter sind die neusten Werke von Aushängeschildern wie Bettina Oberli (WANDA, MEIN WUNDER), Stefan Haupt (ZÜCHER TAGEBUCH) oder Rolando Colla (W. – WAS VON DER LÜGE BLEIBT). Regisseur Rolf Lyssy präsentiert nicht nur die Weltpremiere seines neusten Werks EDEN FÜR JEDEN, er wird vom Festival zusätzlich mit dem Career Achievement Award und einer 10 Filme umfassenden Retrospektive geehrt. Neben den etablierten Namen bietet das ZFF aber auch neuen Stimmen aus der Schweiz wie Karin Heberlein (SAMI JOE UND ICH, Weltpremiere), Pascal Hofmann (NOT ME – A JOURNEY WTH NOT VITAL, Weltpremiere), Christian Koch (SPAGAT) oder Nina Stefanka (MIRAGGIO, Weltpremiere) eine grosse Plattform, alle sind sie mit ihren Werken im Fokus Wettbewerb dabei. Am 29. September wird das lokale Filmschaffen am Tag des Zürcher Films in Anwesenheit von Regierungsrätin Jacqueline Fehr und der Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch gewürdigt.
Gar 40 (Ko-)Produktionen zeigt das ZFF aus Frankreich: Die Reihe „Neue Welt Sicht“ ist dieses Jahr der vitalen, genauso humorvollen wie experimentierfreudigen neuen Generation unseres kinoverrückten Nachbarlands gewidmet und bietet in 17 Filmen ein Panorama verschiedenster neuer Entwicklungen aus Europas Kinohochburg. Auch im Spielfilmwettbewerb sind mit GAGARINE und SLALOM zwei französische Erstlingswerke selektioniert, die das dringliche und originelle junge Filmschaffen Frankreichs hervorragend repräsentieren. Zusätzlich zeichnet das ZFF erstmals zwei französische Filmemacherinnen aus: Juliette Binoche wird mit dem Golden Icon Award für ihr Lebenswerk als Schauspielerin geehrt und präsentiert ihren neusten Film LA BONNE EPOUSE, während Regisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin Maïwenn den A Tribute to … Award für ihr Werk als Regisseurin entgegennimmt und bei dieser Gelegenheit ihren neusten Film ADN vorstellt. Weitere Goldene Augen gehen an die britische Schauspielerin Olivia Coleman sowie an Til Schweiger.
Jahres-Highlights im Gala-Programm und Hashtag #GetUpStandUp
Die Auswahl des 34 Titel umfassenden Gala-Programms beinhaltet zahlreiche Höhepunkte des Filmjahres, die auch im Oscar-Rennen eine Rolle spielen werden, darunter die Sundance-Highlights THE FATHER oder THE TRUFFLE HUNTERS sowie heiss erwartete Herbsttitel wie NOMADLAND oder ONE NIGHT IN MIAMI. Der Spionagethriller THE COURIER mit Benedict Cumberbatch wird als Europapremiere gezeigt.
Johnny Depp kehrt zwei Jahre nach seinem letzten Auftritt mit dem von ihm produzierten Musik-Dokumentarfilm CROCK OF GOLD über die Band The Pogues nach Zürich zurück. Der deutsche Regisseur Sönke Wortmann präsentiert die Weltpremiere seiner neuen Komödie CONTRA. Aus Europa stechen auch die internationale Premiere von Daniele Luchettis Venedig-Eröffnungsfilm LACCI und Nir Bergmans Arthouse-Perle HERE WE ARE hervor. Bergman, der Mastermind hinter dem weltweit adaptierten israelischen Serienhit IN TREATMENT, hatte im vergangenen Jahr den Serien-Wettbewerb des ZFF gewonnen und kehrt nun nach Zürich zurück.
Ergänzt wird das Lineup durch diverse Seitenprogramme, darunter in der Reihe Hashtag ein 8 Filme umfassendes Programm zum Schlagwort #GetUpStandUp, das Menschen in den Vordergrund rückt, die im Kampf gegen gesellschaftliche Konventionen für Anerkennung, Gerechtigkeit oder gar ums nackte Überleben kämpfen. Am 2. Oktober, dem 2. Jahrestag des Mordes an Jamal Khashoggi, ist in diesem Rahmen die internationale Premiere des Dokumentarfilms THE DISSIDENT zu sehen.
Das gesamte Programm des ZFF ist ab sofort auf der Festivalwebsite zff.com aufgeschaltet. Dort wird auch über allfällige Programmänderungen und die Anwesenheit von Gästen bei den einzelnen Filmvorführungen informiert.