Die Zürcher Regisseurin Barbara Weber, zuletzt 2016 mit der performativen Installation “The Making of Success” zu Gast auf der Landiwiese, und die Literatur- und Kulturwissenschafterin Elisabeth Bronfen hätten dieses Jahr am Theater Spektakel eigentlich ein TV-Format auf die Theaterbühne bringen wollen: eine “Late Night Lecture Show” über die Repräsentation und Inszenierung von Frauen in Machtpositionen. Doch dann kam das Virus, stellte das Bühnenformat infrage und brachte andere Themen ins Spiel. Ein knappes Semester Pandemieerfahrung inklusive medialem, politischem und gesellschaftlichem Durcheinander von Statistiken, Masken, Sicherheitsabständen, Contact-Tracer*innen, Reiseeinschränkungen und Selbstverantwortung später präsentierten sie ihr neu entwickeltes, mehrteiliges Projekt “Zombie TV”. Den Netflix-Gewohnheiten entsprechend und coronaproof als Online-Stream, geht die Miniserie in sechs Folgen der Frage nach: Verwandelt die Pandemie uns alle in Untote? Werden wir zur tödlichen Bedrohung füreinander? Ausgangspunkt waren die kulturwissenschaftlichen Betrachtungen von Elisabeth Bronfen, die unter dem Titel “Angesteckt: Zeitgemässes über Pandemie und Kultur” demnächst im Echtzeit Verlag erscheinen.
Gemeinsam mit dem Szenografen Dominic Huber, der Comiczeichnerin Kati Rickenbach und dem Videokünstler Yannik Böhmer übersetzt Weber Bronfens Analysen und Prognosen in sechs 15-minütige Folgen. Für Bronfen, die nicht nur scharf denken und analysieren, sondern ebenso scharf kochen kann – 2016 erschienen ihre Kochmemoiren “Besessen”–, sind die Analogien zwischen Viren und Zombies offensichtlich. Die Professorin an der Universität Zürich und der New York University verortet die beiden Phänomene in “Zombie TV” mit Verve und Witz in der abendländischen Kulturgeschichte: Sie schöpft dabei aus dem Vollen und schlägt Bögen von der Hure Babylon zu Gwyneth Paltrow in Steven Soderberghs wiederentdecktem Viren-Blockbuster “Contagion” (2011) und weiter zum Einzug von Corona in Europa. In einer Cartoonwelt, gezeichnet von Kati Rickenbach, die zum festen Kern der Schweizer Comicszene rund um das Magazin “Strapazin” zählt, werden die Überlegungen Bronfens szenisch situiert.
“Zombie TV”, am Theater Spektakel als Premiere zu sehen, reflektiert und analysiert ebenso klug wie fulminant die Beziehung zwischen Zombie und Virus in Film, Kunst, Politik, Forschung und Medienberichterstattung. Die Folgen “Viren sind Zombies”, “Shoppen und Sterben”, “Superspreaders/Superwomen I”, “Superspreaders/Superwomen II”, “Zombies unknown” und “The revenge of nature” kann man sich auf sechs Abende verteilt auf dem heimischen Sofa zu Gemüte führen. Wer’s lieber en bloc mag, kommt zu einem der Public Viewings, wenn alle Folgen als “Showdown” – nicht Shutdown! – zu sehen sind.
Scritto da Zero Zurich