Die Akademie der Künste, Berlin, präsentiert in der letzten Februarwoche 2021 das filmische Werk von Milo Rau, Related Artist des Schauspielhaus Zürich, im Rahmen der Livestream-Debattenreihe „School of Resistance“. In Kooperation mit Milo Rau und dem IIPM (International Institute of Political Murder) streamt das Schauspielhaus Zürich die ersten vier Tage der Veranstaltungsreihe auf der Website. Vom 24. bis 28. Februar 2021 übertragt es die Diskussionen nach den Filmscreenings live aus der Akademie der Künste. Unter anderem werden auch Orest in Mossul (2020) und Das Kongo Tribunal (2017) gezeigt, die am Schauspielhaus Zürich zu sehen waren.
Fünf Tage lange wird live aus der Akademie der Künste gesendet, kritisch auf vergangene Projekte zurückgeblickt und in über 13 Debattenformaten an einem Archiv künstlerischer Strategien des Widerstands gearbeitet, u. a. mit Wegbegleiter*innen wie Susana AbdulMajid, Mohammad Al Attar, Inke Arns, Luca Casarini, Matthias Lilienthal, Florian Malzacher, Lorenzo Marsili, Surer Mohamed, Maia Morgenstern, Wajdi Mouawad, Rabih Mroué, Michail Ryklin, Miriam Saage-Maaß, Sylvia Sasse, Yvan Sagnet, Georg Seeßlen, Lara Staal, Kathrin Röggla, Juliane Rebentisch, Klaus Theweleit, Celine Tshizena, Andrei Ujică, Andres Veiel, Eyal Weizman, Harald Welzer und Dorothee Wenner (Änderungen möglich).
16 Uhr | Diskussion
Aesthetics of Resistance – Part I
Als Aktivisten und Künstler diskutieren Edouard Louis, Geoffroy de Lagasnerie und Milo Rau in drei kurzen Podcasts über die Möglichkeiten und Widersprüche engagierter Kunst. Welche Rolle spielen Dokumentation und Wahrheit angesichts eines entgrenzten Kunstbegriffes? Soll Kunst bloss die Wirklichkeit abbilden – oder sie verändern? Ist Kunst als hermetischer Raum denkbar – oder zutiefst in das soziale Geschehen verstrickt? Wie kann Kunst zu Strategien des Widerstands beitragen?
Im ersten Gespräch werden insbesondere die Widersprüche des bürgerlichen Repräsentationsregimes sowie die Distributionslogiken des künstlerischen Feldes problematisiert. Das transkribierte Gespräch erscheint bei „Arche Editeurs“ als Buch und ist Grundlage für eine Inszenierung Milo Raus zusammen mit Édouard Louis.
17 Uhr | Diskussion
Transnational (In)justice
Auf der Suche nach Strategien des Widerstands gründeten das IIPM/Milo Rau im Mai 2020 eine global vernetzte School of Resistance als Livestream-Debattenreihe. In dieser Tradition diskutieren die Rechtsanwältin und stellvertretende Legal Director des ECCHR Miriam Saage-Maaß und die Kuratorin und Künstlerin Lara Staal gemeinsam mit der Dramaturgin Kasia Wojcik über Möglichkeiten, Bedingungen und Problemstellungen transnationaler Gerechtigkeit. Wie können die Auseinandersetzungen um globale Gerechtigkeit mit ästhetischen Mitteln, aber auch wissenschaftlich und juristisch bearbeitet werden? Was würde eine globale Gerichtsbarkeit bedeuten? Sind Projekte wie das Kongo Tribunal wegweisend, um utopische Möglichkeitsräume für ein neues Recht zu erschaffen?
19 Uhr | Film & Diskussion
Das Kongo Tribunal
In ihrem Film Das Kongo Tribunal (2017) durchleuchten das IIPM/Milo Rau die Hintergründe für den seit 20 Jahren andauernden Krieg im Gebiet der Grossen Seen, der bereits über 6 Millionen Tote gefordert hat. Mag die Zahl der beteiligten Rebellenheere undurchschaubar sein – noch undurchschaubarer sind die in den Nachschublinien wirkenden Waffenhändler, die Rolle ausländischer Diplomat*innen und humanitärer Hilfswerke, aber auch die Verwicklungen multinationaler Minengesellschaften. Aufgrund der direkten oder indirekten Verwicklung aller Grossmächte unserer Zeit gilt der Kongo-Krieg auch als „Dritter Weltkrieg“ und als eine der entscheidenden wirtschaftlichen Verteilungsschlachten im Zeitalter der Globalisierung.
Das Kongo Tribunal zeichnet ein menschlich erschütterndes, analytisch tiefgründiges Tableau der neokolonialen Weltordnung. Im Nachgespräch zur Filmvorführung diskutiert Celine Tshizena als eine der Untersuchungsleiterinnen der Kongo Tribunale gemeinsam mit der Kuratorin und Journalistin Dorothee Wenner, der Choreographin Nora Chipaumire sowie dem Soziologen Harald Welzer über Bedingungen der globalen Kunstproduktion ebenso wie über die Bedeutung künstlerischer Strategien des Widerstands. Sie beleuchten dabei insbesondere die Gründung symbolischer Institutionen: Wie wirksam sind künstlerische Interventionen? Um wessen Kampf geht es eigentlich? Wer bringt sich letztlich in Gefahr?
Geschrieben von Zero Zurich