Inevitable Distances (dt. unvermeidliche Entfernungen) stellt eine umfassende Ausstellung Renée Greens mit Werken aus den frühen 1980er Jahren bis heute dar. Seit den späten 1980er Jahren erweitert Green die Möglichkeiten, durch Kunst ungeschriebene Geschichten, kollektives Gedächtnis und kulturellen Austausch sichtbar zu machen und durch künstlerische Mittel eine Form zu geben. Ihre Arbeiten wurden in den frühen 1990er Jahren allmählich bekannt und zirkulierten seither innerhalb sozialer und politischer Diskurse, insbesondere im Kontext der sogenannten Amerikas – ein Konzept, das Nord-, Mittel- und Südamerika sowie die Karibik einschliesst und das in den verschiedenen Vorstellungen und Projektionen Europas existiert. In ihren Installationen, Schriften, Filmen, digitalen Medien, Gemälden, Zeichnungen und Tonarbeiten hinterfragt Green die Macht kultureller Institutionen und deren Beziehung zu Sprache, Wissen und Identität. In diesem Sinne bietet sie jedem Einzelnen alternative Möglichkeiten, sich in der Gegenwart wie auch in der Zukunft in Bezug zu diesen Phänomenen zu verorten und zu identifizieren.
Indem sie den Museumsraum nutzt, um greifbare Verbindungen zwischen Objekten, Bildern, Ton und Text herzustellen, lädt die Ausstellung die Besucher*innen dazu ein, über ihre eigenen Wege und Einbindung in verschiedene Kulturgeschichten nachzudenken – einschliesslich Geschichten über die Migration von Sprache und Menschen.
Motive der geografischen, wie kulturellen Fragmentierung und Vertreibung sind in Installationen wie Idyll Pursuits (1991) erkennbar, wo ein ikonisches Bild eines Berggipfels einem Spielzeugkaleidoskop gegenübergestellt wird. Pionierhafte Sehnsüchte nach Abenteuern und Entdeckungen werden durch alltäglichere Erzählungen von Verwirrung und Frustration untergraben. So werden die Betrachtenden eingeladen, die Arbeit räumlich, zeitlich, real oder imaginär zu erfassen.
Eine von Greens frühesten Installationen, Sites of Genealogy (1990), lässt sich in drei Räumen des Museums erkunden und verschränkt persönliche, fiktive und historische Biografien miteinander. So erscheinen Greens selbst geschriebene, tagebuchartige Notizen, die ein Jahr ihres Lebens in den frühen 1990er Jahren reflektieren, neben Texten aus Harriet Jacobs’ Incidents in the Life of a Slave Girl (1861) und Richard Wrights Native Son (1940). Import/Export Funk Office (1992) wiederum zeichnet die globale Verbreitung, Interpretation, Aneignung und Kommerzialisierung der Hip-Hop-Kultur und ihre Beziehung zu den kulturellen Formen und dem Leben der afrikanischen Diaspora nach.
Die Ausstellung stellt folgende Fragen: Wie komplexe Geschichten vermittelt werden, und was diese über Kommunikationsmethoden verraten können. Wie werden Erkenntnisse gewonnen und weitergeben, ohne dass wir sie aufzeichnen und besitzen? Wie wirken sich Systeme der Präsentation und Kommunikation auf Beziehungen zu kulturellen Inhalten und zum Leben aus? Und welche Rolle nehmen Vergnügen und Imagination dabei ein?
Inevitable Distances zeigt formal komplexe Kunstwerke von Green, die Vorstellungen über das Denken und das Leben miteinander verweben. Sie deuten dabei auf die Begegnungen und die Wege hin, die Künstler*innen auf ihrem Lebensweg zurückgelegen, und verweisen gleichzeitig auf alternative Möglichkeiten des Seins.
Die Ausstellung wird produziert von den KW Institute for Contemporary Art, Berlin, in Zusammenarbeit mit dem Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich.
Kurator*innen: Mason Leaver-Yap und Assistenzkuratorin Sofie Krogh Christensen (KW Institute for Contemporary Art, Berlin), in Zusammenarbeit mit Dr. Michael Birchall (Migros Museum für Gegenwartskunst), Kuratorische Assistenz: Joel Spiegelberg, (Volontär, Migros Museum für Gegenwartskunst).
Zu Inevitable Distances erscheint ein gleichnamiges Buch, das vom Berliner Künstlerprogramm des DAAD, dem Hatje Cantz Verlag, den KW Institute for Contemporary Art und dem Migros Museum für Gegenwartskunst gemeinsam veröffentlicht wird. Die von Carolina Aboarrage gestaltete Publikation enthält Beiträge von der Künstlerin Renée Green, Kathrin Bentele, Howie Chen, Emma Hedditch, Katherine McKittrick, Taylor Le Melle, Ima-Abasi Okon und anderen und wird von Mason Leaver-Yap herausgegeben. Das Buch erscheint Anfang 2022.
Code: Survey (Courtesy the artist, Free Agent Media; Bortolami Gallery, New York; Galerie Nagel Draxler, Berlin/Cologne/Munich)
Code: Survey ist eine Website und Bestandteil des Kunstwerkes Code: Survey (2005/2006) – eine ortsspezifische und öffentlich zugängliche Arbeit, die für das Hauptquartier des kalifornischen Departments für Verkehrswesen (engl.: Caltrans: California Department of Transportation), das sich in der Innenstadt von Los Angeles befindet, konzipiert wurde. Weitere Arbeiten zu Code: Survey sind in der Ausstellung zu sehen.
Geschrieben von Zero Zurich